2017-11-13 / Verfehlungen sind menschlich
Paul, der Vorstand des Unternehmens, befleißigt sich manchmal eines herben Tones gegenüber seinen Mitarbeitern. In einer Zeit, in der es dem Unternehmen nicht gut geht, werden die Mitarbeiter gebeten, auf Einkommen zu verzichten. Natürlich wird die Pille versüßt durch das Versprechen, diesen Verzicht zu honorieren, sobald es dem Unternehmen besser geht. Doch, wie es im Leben eben manchmal so geht, wird das Versprechen nicht eingelöst. Natürlich gibt es aus Pauls Sicht dafür eine Menge guter Gründe. Doch irgendwie kommen die bei den Mitarbeitern nicht an.
Irgendwann geht die, ohnehin schon schwächelnde, Laune ganz in den Keller. Das nervt Paul, der eigentlich Mitarbeiter braucht, die Gas geben und Verbesserungen anstoßen. Die Mitarbeiter aber denken nicht daran. Stattdessen fragen sie, immer eindringlicher, was nun mit der versprochenen Geste als Dank für den Einkommensverzicht sei?
Irgendwann platzt Paul der Kragen und mit unwirschem Ton weist er das verwöhnte Pack auf die Lage der Menschen hin, die in ihren Essensschalen nur ein paar Körner Reis finden.
Die Wirkung dieser Aussage können Sie sich sicher vorstellen. Sie wird innerhalb kürzester Zeit zur Legende und Paul ist definitiv unten durch. Seine Bemerkung wird als ebenso arrogant wie unangemessen empfunden. Damit hat der Vorstand seine Glaubwürdigkeit als Chef verspielt.
Doch es ist nie zu spät, den Kontakt zu Menschen wieder aufzunehmen. Man kann zumindest den Versuch unternehmen, einen Eindruck, den man vermittelt hat, wieder zu korrigieren.
Paul entscheidet sich schließlich, inzwischen sind viele Monate vergangen, vor seine Mitarbeiter zu treten und darüber zu sprechen, wie er sein eigenes Verhalten einschätzt und sie um Entschuldigung zu bitten. Dieser Entschluss erfordert von ihm sehr viel Mut und Einsicht über die Wirkung, die er auf andere gemacht hat. Er muss seinen Stolz überwinden.
Für die Mitarbeiter ist ein solcher Schritt völlig überraschend und führt sofort dazu, dass ihr Bild des Chefs sich ändert. Natürlich wollen alle sicher sein, dass es sich nicht um eine vorübergehende Erscheinung handelt. Doch das Eis ist gebrochen. Und was noch wichtiger ist: Paul hat Stärke bewiesen. Denn nur wer wirklich stark ist, kann Verfehlungen und Schwächen eingestehen und dabei auch noch andere inspirieren.