2017-11-13 / Der richtige Zeitpunkt
Sicher kennen Sie dieses Gefühl, das Sie an manchen Tagen fest im Griff hat: Ganz egal, was heute passiert, alles erscheint irgendwie grau und nicht inspirierend. An solchen Tagen kann Ihnen im Grunde nichts das Gefühl von Sinn vermitteln. Was auch immer es ist, Sie können sich nicht dafür öffnen. Das kann natürlich auch anderen passieren. Wenn Sie bei einer Ansprechpartnerin einen solchen Tag erwischen und versuchen, ihr (auf Biegen und Brechen) Sinn zu vermitteln, ist es nichts anderes als Energie-verschwendung. Es ist natürlich nicht leicht zu erkennen, in welchem Gemütszustand ein Mensch ist. Unmöglich ist es allerdings auch nicht, vor allen Dingen, wenn wir den Menschen etwas kennen (je besser wir ihn kennen, desto leichter wird es sein). Wenn es also um etwas Wichtiges geht und Sie bemerken die „miese“ Stimmung Ihrer Ansprechpartnerin oder Ihres Ansprechpartners, wird es das Beste sein, auf lange Gespräche zu verzichten und einen günstigeren Moment abzuwarten.
Was hier im Besonderen bei einem individuellen Gespräch gilt, trifft natürlich auch allgemein auf Kommunikation zu, ob unter vier, sechs, acht oder ein Vielfaches von zwei Augen. Die richtige Botschaft im falschen Augenblick bleibt insgesamt falsch.
„Warum erfahren wir das jetzt erst?“ höre ich oft in Unternehmen. Oder umgekehrt: „Das habe ich doch inzwischen längst vergessen, da hätten Sie mich zeitnah dran erinnern sollen.“ Jemand, der gerade mit der Nachtschicht fertig ist, dem steht mitunter der Sinn nur nach Bett, die Biologie überdeckt momentan das Gespür für „höhere Wahrheiten“.
Ein Bauer muss im richtigen Moment das Feld bearbeiten, umpflügen, säen, ernten. In der gleichen Weise muss jeder, der erfolgreich kommunizieren will, den richtigen Moment kennen und nutzen, um seine Botschaft zu senden. Das gilt umso mehr, wenn es Ihnen wichtig ist, nicht nur einen Gedanken oder eine Anweisung „rüberzubringen“, sondern echten Sinn zu vermitteln.
2017-11-13 / Dialog und Auseinandersetzung
Sinn ist etwas Individuelles, ein Gefühl, also vollkommen subjektiv. Da das Sinngefühl bei Ihrem Ansprechpartner entsteht, in seinem Geist, ist das Empfinden von Sinn eine geistige Leistung, die dieser Ansprechpartner selbst erbringen muss. Ein Dialog regt den Geist in aller Regel mehr an als ein Monolog, den man sich (brav) anhört. Ist die Kommunikation eine Einbahnstraße, entsteht wenig Motivation, sich mit den Gedanken, die ich vermitteln möchte, intensiv auseinander zu setzen. Ein Austausch regt wesentlich mehr dazu an. So kann sich das Gefühl von Sinn, dank einer gründlichen Auseinandersetzung mit dem Gegenstand des Gesprächs, nach und nach einstellen.
Dabei ist besonders wichtig, Einwände zuzulassen. Meistens bedeuten Einwände nämlich, dass der Gesprächspartner sich gerade selbst etwas verkauft. Vertriebsexperten wissen das genau. Das Abwürgen einer Diskussion an diesem Punkt ist also keine gute Idee. Auch nicht die einfache Einwandbehandlung. Nur weil der Einwand vom Tisch ist, heißt es noch lange nicht, dass es Klick gemacht hat und alles verstanden worden ist.
Diskussion heißt an dieser Stelle: hinhören. Nur wenn mein Gegenüber den Eindruck bekommt, mit seinen Zweifeln und Ideen von mir ernst genommen worden zu sein, wird er im Gegenzug meinen Gedanken eine Chance geben. Dann erst können sie „sinnstiftend“ werden.
2017-11-13 / Transparenz und Klarheit
Wenn Sie keinen Durch- und Überblick über die größeren Zusammenhänge haben, wenn Sie nur einen kleinen Ausschnitt sehen, tun Sie sich schwer zu erkennen, was sinnvoll ist und was nicht. Denn Sie können die Auswirkungen Ihrer Handlungen nicht einschätzen. Daher können Sie mit diesen Handlungen auch nicht ein höheres, übergeordnetes Ziel anstreben.
Transparenz ist für Führungskräfte ein besonders schwieriges Thema. Meistens schlägt mir, wenn es darum geht, den Mitarbeitern Informationen zugänglich zu machen, eine große Skepsis entgegen. Im Kern dieser Skepsis steht die Frage, ob die Mitarbeiter mit diesen Informationen umgehen können, ob sie diese Informationen „verkraften“.
Es gibt einen zweiten Aspekt, den aber niemand zugibt. Sehr viele Führungskräfte definieren ihre Rolle sehr stark über das Wissen, das sie den Mitarbeitern voraus haben. „Wissen ist Macht“ – ein Spruch, der nach wie vor in vollem Umfang gilt. Doch genau dieser Punkt, sich berechtigt zu fühlen, den anderen zu führen, weil ich mehr weiß und mehr kann, führt zu der oben angesprochenen Skepsis. Zur eigenen Führungskompetenz gehört nämlich vermeintlich dazu, auch schwierige Informationen besser zu verarbeiten als die Mitarbeiter.
Offensichtlich wird damit den Menschen die Fähigkeit eines mündigen Erwachsenen abgesprochen. Doch diese Denkweise ruht auf einem wackeligen Fundament. Denn dieselben Menschen, die im Unternehmen nicht in der Lage sein sollen, mit Informationen jedweder Art vernünftig und erwachsen umzugehen, dürfen Auto fahren, einen Bankkredit nehmen und sogar die Bundesregierung wählen. Wären die unausgesprochenen Annahmen vieler Führungskräfte zutreffend, sollten wir in Deutschland, wie auch anderswo in der Welt, dringend zu einem restriktiveren Wahlsystem zurückkehren. Zum Beispiel einem System, in dem nur Führungskräfte mit mindestens fünf Mitarbeitern wählen dürfen.
Das wäre natürlich absurd!
Für diejenigen, die vollen Zugriff auf die Informationen haben, ist es nur dann möglich, eine gesunde Transparenz zu schaffen, wenn ihnen auch das große Ziel klar ist. Für was steht das Unternehmen, was ist sein Daseinszweck in dieser Welt? Auf Basis dieser Klarheit wird automatisch alles im Unternehmen publik gemacht, was für das Erreichen des Ziels, für das Anpacken der Aufgabe wichtig ist. Ist durch Transparenz eine gute Wissensbasis aufgebaut, auf der sich Verstehen entwickeln kann, ist es leicht möglich, den Sinn einer Anweisung oder einer Entscheidung zu vermitteln, und zwar selbst dann, wenn diese nicht auf kurzfristige, leicht nachvollziehbare Ergebnisse ausgerichtet ist.
2017-11-13 / Gegenseitiges Vertrauen
Der Mensch lernt durch Nachahmen. Zumindest macht das einen wichtigen Teil unserer menschlichen Lerntechniken aus. Das Nachahmen wird zum Nacheifern, wenn das Vorbild für uns besonders inspirierend ist oder wir ihm zutiefst vertrauen. Auf der Basis von Vertrauen sind wir sogar bereit, einen Sinn da zu vermuten, wo wir ihn noch nicht erkennen können. Durch unser Vertrauen beflügelt, sind wir bereit, solange über ein bestimmtes Thema nachzudenken, bis wir tatsächlich beginnen, darin einen Sinn für uns selbst zu erkennen.
Das Gegenteil gilt offensichtlich genauso. Wenn ich jemandem misstraue, muss die Argumentation extrem zwingend sein, damit ich einen Sinn darin erkenne. Im Extremfall, wenn das Misstrauen besonders stark ist, kann ich sogar den Sinn eines bestimmten Themas aus den Augen verlieren, nur weil es von dieser bestimmten Person angesprochen wird.
Für jeden, der Sinn vermitteln und seine Mitmenschen inspirieren will, ist es daher Pflicht, so zu handeln, dass Vertrauen entstehen kann.
2017-11-13 / Persönlichkeit und Wirkung
Bei Kommunikation spielt selbstverständlich unsere Persönlichkeit eine große Rolle. Ob im Gespräch oder in der schriftlichen Kommunikation, unsere Persönlichkeit ist spürbar und entfaltet eine bestimmte Wirkung.
Natürlich ist dieser Punkt heikel. Denn was tun, wenn man keine herausragende, charismatische Persönlichkeit hat? Bevor wir darauf näher eingehen, muss zunächst einmal geklärt werden, auf welche Weise die eigene Persönlichkeit einen Einfluss auf das Sinngefühl des anderen haben kann. Wie auch beim Thema „gegenseitiges Vertrauen“ erwähnt, tut sich der Mensch leichter, von jemandem, dem er vertraut, Impulse anzunehmen. Vertrauenerweckend zu sein hängt aber mindestens genauso sehr von der Persönlichkeit ab, wie von anderen Faktoren, zum Beispiel der nachgewiesenen Expertise.
„Persönlichkeit“ fällt in die Kategorie jener Begriffe, mit denen zwar jeder etwas anfangen kann, die sich aber einer sicheren Definition entziehen. Besonders schwierig wird es bei der Frage, ob wir selbst eine besondere Persönlichkeit sind oder Charisma haben. Tatsächlich ist es unmöglich, das zu wissen. Selbst wenn die Umwelt uns dazu eine Antwort gibt, werden wir es selbst niemals fühlen. Woran liegt das? An der subjektiven Dimension von „Persönlichkeit“. Ob ich eine starke Persönlichkeit habe, hängt vom Betrachter ab. Ich selbst mache nur das Angebot, mit meinem Körper, meinem Auftreten, meinem Reden und Denken. Mein Gegenüber entscheidet, wie dieses Angebot gewertet wird. Offensichtlich wird nicht jeder Mensch die gleiche Einschätzung haben. Daher kann ich niemals wissen, ob ich ein charismatisches Auftreten habe oder nicht.
Kann man dann also nichts machen? Natürlich kann man etwas machen. Es gibt ja Personen, die von vielen Menschen als „besonders“ angesehen werden, die eine herausragende Persönlichkeit zu haben scheinen. Dazu müssen diese Personen Klarheit über ihre Werte haben, wissen, wofür sie stehen und konsequent gemäß diesen Werten leben. Das bedeutet, wenig Ängste vor den Folgen dieses konsequenten Handelns zu haben. Dadurch sind diese Personen nicht wie ein Fähnchen im Wind, können auch einmal unbequem werden, bleiben aber die meiste Zeit über berechenbar. Wichtig ist auch, eine innere Haltung der Großzügigkeit zu pflegen. Wenn die Motive weitestgehend egoistischer Natur sind, ist es zwar möglich, vorübergehend Menschen zu blenden. Doch in der Regel spürt das Umfeld schnell, wo der Hase lang läuft. Dann entsteht Unbehagen und mit dem Charisma ist es schnell vorbei.
Die Art, wie wir unser Leben im Allgemeinen führen, hat demnach einen Einfluss auf die Fähigkeit, die wir haben, anderen Sinn zu vermitteln. Unter diesem Gesichtspunkt ist es also ein echtes Langzeitprojekt. Zum Glück fängt niemand bei null an (zumindest, wenn er oder sie schon Führungskraft ist). Der erste wichtige Schritt ist, sich bewusst zu werden, wo man tatsächlich steht, wie viel Klarheit man hat. Bereits mit dieser Grundlage ist schon viel erreicht.
2017-11-13 / Treu zu sich selbst und seinen Möglichkeiten
Natürlich ist es jedem freigestellt, einfach arbeiten zu gehen, um am Ende jeden Monats genug Geld auf dem Konto zu haben. Diese Haltung wirkt sowohl pragmatisch als auch realistisch. Allerdings ist sie auch zutiefst zynisch. Hier verbirgt sich einer der wichtigsten Gründe, warum die regelmäßigen Umfragen bei Mitarbeitern (Gallup & Co.) die immer gleichen Ergebnisse liefern. Auch das steckt im System. Zum Beispiel „bestach“ Henry Ford kompetente Fachkräfte mit einer Menge Geld, damit diese ihre kleinen Werkstätten verließen, um an Montagebändern die bekannt stumpfsinnige Arbeit zu verrichten und sich den Befehlen eines Managers zu beugen. Dafür verließen sie eine erfüllende Arbeit, bei der sie die Frucht ihrer Mühen sehen konnten. Es gab zwar weniger Kapital, dafür aber mehr Erfüllung.
Wenn wir aber diesen Status Quo nicht akzeptieren wollen, müssen wir uns die Frage stellen: „Welcher Mensch könnte und möchte ich werden und wie kann ich auf dieses Ziel im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit hinarbeiten?“ Nur wenn Sie als Führungskraft wissen, wohin ein Mensch oder eine Gruppe strebt, können Sie Ihre Kommunikation so gestalten, dass sie diese tiefere Saite im anderen berührt und zum Schwingen bringt.
2017-11-13 / Größer als wir selbst
Wenn es darum geht, Sinn zu vermitteln, ist der erste und wichtigste Punkt, den es zu beachten gibt, die Größe des Ziels. Dabei muss es um mehr als nur um den unmittelbaren, materiellen Nutzen für die Beteiligten gehen. Das Ziel muss größer sein. Was bedeutet das?
Ein konkretes Beispiel beschreibt diesen Punkt besser als abstrakte Erläuterungen. Stellen Sie sich vor, Sie sprechen mit Kollegen und Mitarbeitern über Qualitätsprobleme, die aufgrund von Unachtsamkeit und fehlender Ordnung entstanden sind (so etwas soll ja einmal vorkommen). Dann können Sie natürlich an die Konzentration und das Ordnungsgefühl appellieren. Meistens passiert genau das, dieses Predigen und Appellieren, zum hundertsten Mal. Es führt in der Regel nicht zu einem besonders überzeugenden Ergebnis. Sie können auch die Frage aufwerfen, welches Selbstverständnis die Mitarbeiter als Gruppe haben wollen und für was sie stehen. Nehmen wir an, das Unternehmen ist in einer Gegend angesiedelt, die schon über Generationen für außergewöhnliches Handwerk bekannt ist, dann kann die Gruppe sich mit dieser Tradition identifizieren. Der gute Ruf der Region oder die Freude der Menschen an den guten Produkten aus dieser Gegend spielen in diesem Fall eine wichtige Rolle. Diese Tradition in Ehren zu halten ist dann das „Größere“, für das die Gruppe dann arbeitet. Der eine oder andere Leser könnte hier einen Einwand haben, den ich gern behandle.
Das Beispiel spricht die Verantwortung an, die wir als Menschen für den Ruf und das Image einer alten Tradition empfinden können. Es kann natürlich noch sehr viel mehr Ziele geben, deren Nutzen sich nicht auf die Handelnden selbst beschränken, sondern für die Mitmenschen, heutige und zukünftige, oder für die Umwelt einen Wert hat. An einer großen Sache zu arbeiten, gibt den meisten Menschen ein Gefühl von Sinn. Dadurch wird das Arbeiten wesentlich erleichtert.
Ein wichtiger Punkt muss an dieser Stelle erwähnt werden: Ist jedes größere Ziel auch ein gutes Ziel? Die eindeutige Antwort ist: Nein! Der Maßstab, der angelegt werden muss, ist die Auswirkung des Ziels auf die Umwelt. Führt unser Tun zu einem Mehr an Glück für möglichst viele Wesen und zwar gleichgültig, ob diese Wesen uns nahe sind oder nicht, oder führt es zu Glück für die einen und Leid für die anderen? In letzterem Fall ist das größere Ziel letztendlich nur ein verkapptes kleingeistiges und egoistisches Ziel.