LENINS MUMIE
Die Bedeutung von Symbolen in Unternehmen
Moskau investierte im Jahr 2017 174.000 EUR in den Unterhalt von Lenins Mumie.[1] Das geschieht mit Sicherheit nicht aus reiner Pietät. Moskau weiß um die Macht von Symbolen. Doch welche Symbole gibt es in Unternehmen, wie können sie eingesetzt werden und welche Auswirkung haben sie auf die Arbeit im Unternehmen?
Nicht nur Moskau unterhält teure Mumien, auch wenn nicht alle so prominent ausgestellt sind wie die Mumie des großen Revolutionsführers. Weitere bekannte zeitgenössische Mumien sind: Moa Ze Dong[2], Ho Tchi Min, Kim Jung Il, John F. Kennedy, um nur einige zu nennen. Diese wertvollen Herren frisch zu halten, kostet einiges. Nicht nur Lenin wird regelmäßig aufgehübscht.
Doch warum geben moderne Staaten, die allesamt von aufgeklärten Menschen geführt werden, ob diktatorisch oder nicht, Unmengen Geld für nutzlose Leichen aus? Mit Aberglauben oder Mystizismus hat es mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts zu tun. Es gibt auch keinen Grund anzunehmen, dass Väterchen Putin hofft, selbst einmal auf diese Weise unsterblich zu werden.
Der eigentliche Grund liegt in der Symbolkraft der taxonomierten Volks(-ver-)führer. Alle diese Männer repräsentieren etwas, das auch heute noch für die entsprechende Nation wichtig ist.
Denken wir über Lenin nach. Warum wird dieser Mann heute noch vor dem Kreml ausgestellt? Natürlich kann ich nicht mit Sicherheit wissen, wie die Russen darüber denken, werde mir aber erlauben, an dieser Stelle einige Vermutungen anzustellen.
Russland hat, mit der Auflösung der UDSSR, seinen Status als Imperium verloren. Damit ist ein altes Selbstverständnis des russischen Volkes verlorengegangen. Vor diesem Hintergrund steht Lenin als derjenige, der das russische Volk zu seiner bedeutendsten Größe geführt hat. Zunächst wurde die Herrschaft der Zaren abgeschüttelt. Dann wurde ein größeres Reich, als es das Zarenreich jemals war, durch die Sowjets erobert. Wenn man die Unannehmlichkeiten, die der Kommunismus in seiner diktatorischen Form mit sich brachte, ausklammert, war das eine beachtliche Leistung. Und Lenin war, zumindest gefühlt, die Quelle und der Ursprung dieses grandiosen Erfolgs. Daher ist er für die etwas frustrierte Russische Föderation eine wunderbare Identifikationsfigur. Er verkörpert etwas, das nicht verloren gehen soll, auch wenn die Sowjet-Zeit unwiederbringlich dahin ist. Seine körperliche Präsenz, direkt vor dem Zentrum der russischen Macht, erfüllt die Funktion eines Schutzpatrons der russischen Größe, der den Staat immer wieder daran gemahnt, was für Leistungen er vollbringen kann. Er ist eine Inspiration und eine Identifikationsfigur zugleich, die heute in Russland vermutlich wenige noch direkt mit dem Kommunismus als solchen in Verbindung bringen. Wer an Lenin denkt, denkt an den Mann, der aus Russland eine Weltmacht gemacht hat.
Welches Signal sendet der Kreml an seine Bürger, indem er fast dreißig Jahre nach dem Zusammenbruch des Imperiums, das Lenins Erbe war, seinen Körper weiterhin im Schaufenster zeigt? Das Signal lautet: „Wenn wir wirklich wollen, können wir.“ Dementsprechend hält die Russische Föderation drei Mal so viele militärische Manöver ab wie die Nato[3], obwohl es weder wahrscheinlich noch nützlich wäre, dass Russland irgendein Land, das heute zur Nato gehört, einnimmt. Doch in diesem Beitrag geht es natürlich nicht um geostrategische Überlegungen, sondern um Symbole.
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